Johannes Lotz
 


 

Johannes Lotz


1975 geboren in Gießen

1997 bis 2003 Studium an der Kunsthochschule Kassel bei Alf Schuler

2003 Preis des Kasseler Hochschulbundes



Ausstellungen


2014 Kunstraum Bad Honnef, Bad Honnef

2010 „Echo“, Haus Christa Meesmann, Hilchenbach

2006 „Vorfahrt“, Stuttgart

2006 „Inside Outside“, Düren

2003 „6“, K19, Kassel

2003 „Inventur“, Stellwerk, Kassel

2002 „TEUTON POP“, Galerie der Columbia University, New York



Uwe Habermann  -  Zu den Arbeiten von Johannes Lotz

Seine Fotografien hat Johannes Lotz in der Nacht aufgenommen, auf ländlichem Terrain, an einem Waldrand, auf einem Feld, in einer Schneise, einer Lichtung. - Da treten aus dem Dunkel der Nacht zwei mächtige Brückenpfeiler hervor, die über die Baumwipfel hoch hinauf ragen. Ein Bauwerk in diesem Fall mit zwar eindeutiger, aber nicht ausgeführter Bestimmung. Das sind Träger, die nichts tragen, ein vor langer Zeit abgebrochener Bau, ein Fragment, Bruchstück eines umfangreichen, gescheiterten, aus welchen Gründen auch immer längst aufgegebenen Plans. Und dann ist da ein weiteres Bauwerk am Rand eines brach liegenden Ackers zu sehen, in seiner auf die Funktionalität reduzierten Form von abstoßender Hässlichkeit, zugleich von einer plastischen Qualität, die doch faszinierend wirken kann, mit seinen klobigen, kastenförmigen Proportionen und einer Art surrealer Balkon, der gewiss nicht für ein Sonnenbad gedacht ist. Offensichtlich ein technisches Bauwerk, aber wofür? Ein Pumpwerk vielleicht, oder das Nebengebäude eines Staudamms, ein Umschaltwerk oder gar Teil einer Grenzbefestigung? Die wenigen rechteckigen Fensteröffnungen wie blinde Augen schwarz verblendet...

Schließlich die dichte Reihe von tunnelförmig angeordneten Metallbögen über einem Gemüsefeld, die zur Aufnahme einer Folienabdeckung dient, Teil eines Bedeckungssystems in der industrialisierten Landwirtschaft, und der schmale Steg, der aus einem schlammigen, halb zugewachsenen Grund schief in einen Teich führt und nach wenigen Metern abbricht, auch diese Objekte haben gemeinsam, dass man ihrer Bestimmung kaum trauen kann und dass sie in eine Tiefe führen, die im Nichts endet.

Es handelt sich also um Dinge, die uns staunen lassen können, die uns überraschen, wohl vor allem deshalb, weil sie in dieser Art der Darstellung nicht mehr genau das sind, was man bei Tageslicht darin zu erkennen glaubt. Das ist, als würden sie in der Nacht und durch die künstliche Beleuchtung aus der Finsternis hervorgeholt ihre wahre Beschaffenheit oder ihr zweites Gesicht verraten. Sie werden zu ästhetisch unvermutet reizvollen, wenn auch nicht unbedingt „schönen“ Skulpturen.

Eine Inszenierung der Körper in ihrer im übrigen völlig unberührt gelassenen Umgebung, findet statt nur durch die Wahl des Ausschnitts, des Blickwinkels, der Tiefenschärfe und des Lichts, ein künstliches Licht, mit denen der Fotograf das jeweilige Objekt in einer sanft betonenden Geste aus der Dunkelheit heraushebt. Die Nacht selbst wird so zum Motiv, in zweifacher Hinsicht: sie wird zum Thema, und sie wird zum abgebildeten Gegenstand. - In der Nacht verwandeln sich die Dinge, indem sie die Funktion verlieren, die sie tagsüber haben, indem sie nun verlassen, in einer dann menschenleeren Umgebung sperrig wie Fremdkörper.

Alles wird oder kann zum Bild werden, und man sollte sich dem gewiss verweigern, sich versperren, jedenfalls die Eindeutigkeit meiden, und es doch zugleich zulassen, dieses „surplus“ eines Bildes, der „Tanz des Geistes“ unterhalb der Oberfläche des Dargestellten. Und das ist wie am Rand einer Erinnerung zu stehen, ohne sich ihrer bemächtigen zu können, oder wie das leicht beklemmende Gefühl, dass die abgebildeten Dinge irgendetwas zu sagen haben, ohne sich eindeutig zu erkennen zu geben.